Sichere Anlagenplanung

Zu Beginn sollte zunächst geprüft werden, ob der vorliegende Prozess überhaupt für eine Teilautomatisierung in Form einer MRK-Applikation geeignet ist. Allgemeingültige Ausschlusskriterien einer MRK können dabei jedoch nur bedingt formuliert werden, da Prozesse, welche die sicherheitstechnischen Anforderungen an eine Umsetzung in Form einer MRK zunächst nicht erfüllen, im späteren Verlauf oftmals dennoch so modifiziert oder abgesichert werden können, dass ein sicherer Betrieb der Applikation doch möglich ist.

Für diese Betrachtung existiert eine Checkliste mit möglichen Ausschlusskriterien. Diese soll Ihnen eine Idee geben, welche Aspekte als Ausschlusskriterien in Frage kommen und worauf bei der weiteren Applikationsgestaltung besonders geachtet werden sollte.
Beantworten Sie ein Kriterium mit ja, so sollten die darin enthaltenen Aspekte im weiteren Verlauf besonders beachtet und eine MRK-fähigkeit oder -unfähigkeit so früh wie möglich festgestellt werden.

Im nächsten Schritt erfolgt eine vollständige Anforderungsanalyse über alle relevanten Daten und Informationen, welche im späteren Verlauf für die Konzeptionierung der MRK-Applikation benötigt werden. Hierbei sollten sowohl die Anforderungen und Rahmenbedingungen des Prozesses, die Gegebenheiten des Werkstückes als auch wirtschaftliche und soziale Aspekte untersucht und festgehalten werden.

Im letzten Schritt der technischen und wirtschaftlichen Anforderungsanalyse erfolgt eine umfassende Ist-Analyse der gegebenen Rahmenbedingungen der aktuellen Prozessgestaltung (ohne MRK) vor Ort. Hierbei ist es von Bedeutung, dass nicht nur die Applikation selbst, sondern auch das gesamte Umfeld in die Betrachtung mit einfließt, da oftmals zusätzliche Sicherheitsrisiken durch andere an diesem Ort oder in den Prozess mit eingebundenen Maschinen oder anderen Einrichtungen bestehen.

Bevor die eigentliche Auswahl des Cobot-Systems erfolgen kann sind zunächst einige Recherchen und Überlegungen anzustellen. Zunächst sollten Sie die benötigten Leistungsmerkmale, über welche das Cobot-System verfügen sollte, festlegen. Hierzu gehören sowohl die grundlegenden Werte der technischen Spezifikationen wie bspw. maximale Traglast, maximale Reichweite etc. als auch weitere Kriterien und Aspekte wie bspw. benötigte Zertifizierungen, Bedienbarkeit etc.

Wählen Sie aus zu welchen Merkmalen Sie weitere Informationen möchten:

Im nächsten Schritt machen Sie sich mit dem Themengebiet der Sicherheitstechnik des Cobots vertraut. Die auf dem Markt verfügbaren Cobot-Systeme verfügen allesamt über verschiedene Sicherheitstechniken zur Absicherung des kollaborativen Betriebes – sie sind „inhärent sicher“. Das heißt sie sind so konstruiert und mit Sensorik ausgestattet, dass sie keine Gefahr für den Menschen darstellen. So sind zum Beispiel manche Cobots mit einer weichen Haut überzogen, weisen eine runde Form ohne Kanten aus oder sind so gestaltet, dass egal bei welcher Achsstellung der Mensch sich nicht einklemmen kann. Zusätzlich erkennen die meisten Cobots eine Kollision durch bestimmte Sensortechnik, die in oder um den Cobot integriert ist.

Jede dieser Sensortechniken verfügt über besondere Eigenschaften sowie Vor- und Nachteile, welche bei der Festlegung nach der jeweiligen Sensortechnik mit einbezogen werden sollten. Nachfolgend finden Sie eine Übersicht über die verschiedenen Sensortechniken, deren Eigenschaften sowie Vor- und Nachteile.

Ebenso sollte vor der Auswahl des Cobots eine Festlegung der Programmiermethode erfolgen. Die verschiedenen Cobot-Modelle verfügen teils über unterschiedliche Methoden wie diese programmiert werden können und je nach Anwendungsfall werden unterschiedliche Anforderungen an die Programmiermethode gestellt. Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die Arten der Programmierung mit den jeweiligen Eigenschaften.

Wurden alle Kriterien und Aspekte festgelegt, so kann die Auswahl eines passenden Cobot-Modells erfolgen.

Als Beispiel werden im folgenden Abschnitt der Cobot „iiwa“ des Herstellers KUKA und der Cobot-Reihe „URe“ des Herstellers Universal Robot vor- und gegenübergestellt. Dabei werden alle wichtigen Leistungsmerkmale aufgeführt sowie auf einzelne Besonderheiten und Alleinstellungsmerkmale eingegangen.

Die im folgenden genannten Hersteller und Modelle sind nur zur beispielhaften Darstellung möglicher Cobots für MRK-Applikationen ausgewählt worden, wobei keine Wertung und Besserstellung gegenüber anderen Herstellern und Modellen stattfinden soll.

Eine Datenbank aller aktuell am Markt erhältlichen Cobot Modelle finden Sie hier:

Nach Abschluss dieses Schrittes sollten Sie sich für ein Cobot Modell entschieden haben. Damit später eine Gesamtübersicht für Sie erstellt werden kann, tragen Sie bitte den Namen des ausgewählten Models mit gewünschten zusätzlichen Notizen in das folgende Textfeld ein.

Quelle: https://blog.robotiq.com/collaborative-robot-ebook, https://www.universal-robots.com/media/1802621/de-e_series_brochure_german.pdf, https://www.universal-robots.com/media/1811399/factsheet_e-series_ur16e_de_low-res.pdf

Quelle: https://www.kuka.com/-/media/kuka-downloads/imported/9cb8e311bfd744b4b0eab25ca883f6d3/kuka_lbr_iiwa_broschuere_de.pdf?rev=fd83e35098d147bdaecdacfa7e964e70, https://blog.robotiq.com/collaborative-robot-ebook

Für Schraubprozesse empfiehlt sich der Einsatz eines für den Betrieb an MRK-Applikationen zertifiziertes Schraubsystem, welche speziell für den schutzzaunlosen Schraubeinsatz in der MRK entwickelt wurden.

Bei einer Vielzahl von MRK-Anwendungen soll der Cobot unterstützende Tätigkeiten in Form von Handhabungsaufgaben erledigen. Hierzu zählen bspw. das Bereitstellen oder Halten von Werkstücken, welche dann vom Werker abgenommen, bearbeitet oder montiert werden. Um diese Handhabungsaufgaben zu erledigen, bedarf es der Verwendung eines entsprechenden Greifsystems am Cobot.

Neben den genannten Aufgabengebieten existieren noch weitere Möglichkeiten zum Einsatz von Cobots in Verbindung mit entsprechender Peripherie wie bspw. Schweißaufgaben. Hierbei findet jedoch oftmals nur eine Interaktion in Form einer Kooperation oder Koexistenz zwischen Mensch und Roboter statt. Da der Fokus dieser Arbeit jedoch auf die Interaktionsform der direkten Kollaboration liegt, sind diese Aufgabengebiete nicht Inhalt des Leitfadens.

Hierzu befindet sich im Anhang A.6 eine Checkliste mit allgemeingültigen Aspekten und Vorgaben, die der Anwender bei der Auslegung der Bewegungsabläufe des Cobots sowie der Arbeitsgestaltung des Werkers berücksichtigen sollte. Die Inhalte der Checkliste können als allgemeingültig betrachtet werden und sollten bei der Gestaltung einer jeden Applikation erfüllt sein.

Quelle: im Rahmen des Projekts durchgeführte Experteninterviews

Handelt es sich bei dem vorliegenden Automatisierungsvorhaben um eine Schraubapplikation, so sollten zusätzlich die Aspekte der folgenden Checkliste (sichere Auslegung und Gestaltung von Schraubprozessen) erfüllt sein.

Quelle: im Rahmen des Projekts durchgeführte Experteninterviews

Handlungsempfehlungen für die sichere Gestaltung des Arbeits- und Prozessablaufs von Handhabungsapplikationen folgen in diesem Abschnitt.

Es wird zwischen verschiedenen Szenarien und Gefährdungspotentiale, die bei der Gestaltung des Arbeits- und Prozessablaufs einer Handhabungsapplikation auftreten können unterschieden.

Bei der Auslegung des Arbeitsumfelds wird zwischen der Auswahl und der Gestaltung des Arbeitsumfelds differenziert.

Nun erfolgt die sichere Auslegung und Gestaltung des MRK-Arbeitsplatzes. Ziel dabei ist es, den Arbeitsplatz so sicher wie möglich zu gestalten und sämtliche Störfaktoren und Gefahrenpotentiale zu eliminieren. Im Rahmen dieses Prozessschrittes erfolgt sowohl die Anordnung und Auslegung des Cobots als auch die Gestaltung sämtlicher sich im Arbeitsplatz befindlichen Komponenten wie Werkstückträger, etc. Es folgt eine Checkliste mit Aspekten und Handlungsempfehlungen zur sicheren Gestaltung des Arbeitsplatzes, welche Sie berücksichtigen sollten.

Quelle: im Rahmen des Projekts durchgeführte Experteninterviews

In diesem Schritt wird die MRK-Applikationen mittels Schutzeinrichtungen oder Sicherheitssensorik zusätzlich abgesichert. Dabei werden bestehende Risiko- und Gefährdungspotentiale bspw. mittels einer physischen Schutzeinrichtung wie einer Plexiglasscheibe oder durch zusätzliche Sicherheitssensorik wie bspw. Lichtgitter, Laserscanner, Radarsensoren oder Tiefenkameras abgesichert.

Hierzu finden Sie nachfolgend eine Auflistung mit möglichen Anwendungs- und Einsatzgebieten für solche zusätzlichen Schutzeinrichtungen. Auch finden Sie eine Auflistung von möglichen Schutzeinrichtungen und Sensortechniken, welche im Rahmen der MRK eingesetzt werden können

Die Anwendung der genannten zusätzlichen Schutzeinrichtungen wird bspw. zwingend benötigt, wenn die Applikation in temporärer Koexistenz arbeiten soll. Ebenso können mittels dieser Schutzeinrichtungen gefährdungsbehaftete Bereiche oder andere Risikopotentiale abgesichert und eliminiert werden.

Treffen Aspekte in folgender Liste zu, sollte unbedingt zusätzliche Sicherheitstechnik in der MRK-Applikation zum Einsatz kommen.

Quelle: im Rahmen des Projekts durchgeführte Experteninterviews

Die „Benutzerinformation und Schulung“ sind der letzte Schritt zur Risikominderung. Bieten die zuvor ergriffenen Maßnahmen keinen ausreichenden Schutz des Werkers so muss der Werker zusätzlich vor bestehenden Restrisiken und Gefährdungen gewarnt und über die Pflicht der Anwendung weitere Schutzmaßnahmen wie persönlicher Schutzausrüstung unterwiesen werden.

Im Rahmen der Benutzerinformation und Schulung haben Sie die Möglichkeit akustische oder optische Schutzmaßnahmen, wie Blinklichter oder Sirenen einzusetzen, welche den Werker vor kritischen Teilprozessen warnen.

Ebenso können Restrisiken durch entsprechende Schutzausrüstungen abgesichert werden. Hierbei besteht die Pflicht des Anbringens von entsprechenden Warnhinweisen und Schildern an der Applikation.

Darüber hinaus kann eine Risikominderung durch Schulungen und Hinweise in der Betriebsanleitung erfolgen. Diese dürfen jedoch keinen Ersatz für andere Sicherheitsmaßnahmen darstellen!

Folgend finden Sie eine Sammlung von Möglichkeiten und Aspekten die Sie bei zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen in Form von Benutzerinformationen und Schulungen beachten müssen.

Quelle: im Rahmen des Projekts durchgeführte Experteninterviews